Glaskugeln, Kartenlesen und Wahrsager sind mir seit jeher suspekt. Aber es gibt Spezialisten am Markt die sehr oft treffgenaue Annahmen für die kommenden 12 Monate formulieren, die ich als Web Analyse Veteran unterstreichen und bestätigen möchte. Dimitri Tarasowski (G+) dessen Beiträge und Wirken seit einiger Zeit verfolge, hat es in 10 Punkten treffend zusammengefasst.
Die Kernthemen für das Jahr 2014 leiten sich ab aus den aktuellen Trends und den Erkenntnissen aus einigen wichtigen Kundenprojekten. Bei diesen Trends handelt es sich sowohl um strategische als auch um operative Bereiche.
Was wird uns 2014 bringen? Web Analyse wird zu Digital Analytics. Crossing the Chasm – The Tornado is over!
1. Weiterhin keine betriebswirtschaftlichen Ziele
Viele der Unternehmen werden weiterhin mit den falschen Zielen arbeiten, weil die meisten immer noch nicht verstanden haben, dass das ultimative Ziel „making money“ ist. Stattdessen werden irgendwelche Visits, Pageviews, Conversion Rates und sonstige Kennzahlen als Ziele definiert.
2. Branchenwachstum der Webanalyseanbieter weiterhin gedämpft
Der langersehnte Durchbruch für die Digital Analytics-Branche bleibt weiterhin ein Wunsch. Die meisten Unternehmen interessieren sich nur nebensächlich für das Thema, man wird meistens gerufen, um die Systeme einzurichten und die Leute einzuweisen. Außerdem fehlen weiterhin menschliche Ressourcen, dies ist wohl das größte Problem für die gesamte Branche.
3. Der Datenschutz gewinnt mehr an Bedeutung
Dieses Thema wird meiner Meinung nach das Top-Thema für das kommende Jahr werden. Beim Transfer von Daten zwischen verschiedenen Unternehmen, Ländern und Systemen ist Datenschutz ein Muss und kann nicht vernachlässigt werden. Es fehlen nur noch ein paar Skandale in diesem Zusammenhang, damit die Unternehmen sich mehr mit diesem Thema beschäftigen.
4. Auch Cookies werden bleiben
Auch im kommenden Jahr werden Cookies weiterhin im Einsatz bleiben. Alle Alternativen bleiben weiterhin noch als Nischenprodukte zugänglich. Dieser „Industry-Standard“ wird uns noch einige Jahre erhalten bleiben. Zwar leidet die Datenqualität immer mehr, es sind jedoch keine guten Alternativen für die nächsten 12 Monate in Sicht.
5. W3C Branchenstandard
Wie vor einigen Tagen bekannt geworden ist, scheint es einen neuen „Industry-Standard“ für Tagging-Änsätze zu geben. Mehr als 50 Unternehmen, unter anderem Google, IBM, Adobe, haben sich auf einen einheitlichen Standard für die Branche geeinigt. Wir freuen uns, dass es endlich einen einheitlichen Tagging-Ansatz geben wird und sind uns sicher, dass dieser Standard sich durchsetzen wird.
6. Visual Analytics wird wichtiger
Visual Analytics und die visuelle Aufbereitung von Daten sind ein wichtiges Bestandteil bei vielen datengetriebenen Unternehmen. In 2013 sind viele Startup-Unternehmen in diesem Bereich weiter gewachsen. Durch die sinkenden Kosten und economies-of-scale können sich mittlerweile viele Unternehmen zentrale Visualisierungs-Hubs und Data-Warehouse-Integrations leisten. Leider wird es auch hier ein Mangel an hochqualifizierten menschlichen Ressourcen geben.
7. Neue kleine Nischenplayer
Es werden viele neue kleine Unternehmen auf den Markt kommen. Durch die offenen Infrastrukturen und Möglichkeiten, neue Services zu etablieren, wird es möglich sein, bestimmte Branchenanforderungen mit kleinen und flexiblen Tools sehr kosteneffizient abzudecken. Das kommende Jahr ist das Jahr der Spezialisierung. Auch die Konsolidierungsphase der großen Unternehmen ist nahezu vorbei, da die Integrationsmöglichkeiten zu komplex werden können. Außerdem haben die führenden Brands das Portfolio in vielen Technologie-Bereichen bereits sehr gut ausgebaut.
8. Konzentration auf emerging markets (BRICS
Viele führende Unternehmen werden sich in 2014 verstärkt auf die „emerging-markets“ fokussieren, da es dort mittlerweile durch das hohe Wachstum einiges zu erreichen gilt. Insbesondere die Tatsache, dass die Märkte offen und teilweise noch komplett unbesetzt sind. Im Gegensatz sind die “alten Märkte” bereits gesättigt und haben nur noch wenige Wachstumspotentiale.
9. Tiefere Integration von Daten
Zwar wird es kein Top-Thema werden, es ist jedoch sehr erfreulich, dass die Daten aus den Daten-Silos entnommen und in einheitliche Systeme zusammengeführt werden können. Dieser Trend wird sich insbesondere bei KMUs mehr und mehr durchsetzen, auch wird dieser Trend von Google neuesten Neuerungen (Measurement-Protocol) weiterhin beflügelt.
10. Tagless Tracking
Das wird wohl eines der meistgehypten Trends in 2014 werden. Eigentlich ist dieses Thema in vielen Tools bereits integriert, jedoch kosten diese Lösungen meistens sehr viel und werden dem Mainstream vorenthalten. Damit meine ich auch große Konzerne mit großen Budgets! Mit der Einführung des Listeners im Google Tag Manager und interessante Investitionen in diesem Bereich (Heap raises $ 2 M for their „capture everything“ Analytics Tool Source: Techcrunch) wird das Thema noch mehr an Bedeutung gewinnen. Zusammen mit den W3C-Standards wird sicherlich mehr Bewegung in die Branche kommen.
RADIOSCHULTZ’s 5-Cent
Wie auch Dimitri sehr schön beschreibt, ist die Konsolidierungsphase der großen Webanalyse Anbieter abgeschlossen. Ein Wechsel im Management bei eTracker schneidet alte Zöpfe ab. Christian Bennefeld (Ex Geschäftsführer von etracker) ist in die zweite Reihe gerückt und neue Ideen des Managements sind am Horizont zu sehen. Wenngleich die Integration mit einem Social Media Monitoring Anbieter nur auf dem Papier existiert. Christian Sauer (webtrekk) hat sich mit einem von mir sehr geschätzten Weggefährten, Michael Beck (Divolution) ins gemeinsame Boot gesetzt und den Takeover kurz vor Jahresende 2013 in trockene Tücher gebracht. Google Universal Analytics macht den großen WA Anbietern den Vertriebsprozess sehr schwer und neue Großprojekte und somit Kunden, sind im blutroten Haifischbecken rund um die Webanalyse schwer als neue Beute auszumachen. IBM greift existierende Großinstallationen an und kann dadurch mit Rundum-Sorglos-Outsourcing-Projekten punkten, denn auch IBM hat eine Webanalyse von ehemals Unica & Coremetrics im Portfolio.
Diese Projekte machen es Enterprise-Anbietern wie Mindlab, Webtrekk u.v.a zukünftig schwerer, Kunden an der Stange zu halten und viel wichtiger, an neue Kunden zu kommen. Auf der anderen Seite kommt jetzt aber die große Chance für z.B. Mindlab, das Ass im Ärmel zur Diversifizierung und weg von Pixel hin zu Reverse Proxy und Tagless Tracking.
Leider ist ein immenser Preisverfall im WA Enterprise Business zu spüren. Jährliche Lizenzaufrufe von 100.000 EURO zählen längst zur Vergangenheit und rutschen in den deutlich unteren 5-stelligen Umsatzbereich. Das wird zur Folge haben, dass sich 2014 einige Anbieter vom Markt zurückziehen müssen.
Crossing the Chasm – Tornado is over
Crossing the Chasm Phase 4 ist eingetreten, denn der Tornado ist vorüber. Die WA Anbieter bewegen sich in der „Main Street“ und rücken deutlich in den Bereich der konservativen, weniger lukrativen Geschäftsfelder.
Abbildung: Chasm Institute 2014 – Technology Adoption Life Cycle
HEAP der „Technology Enthusiast“
Am Beispiel von HEAP ist zu erkennen, dass die richtige Kombination von Geldgebern und die strategischer Weitsicht des Managements, eben eine moderne Technologie auf die Beine zu stellen, belohnt wird. Techcrunch gibt hierzu ein Statement ab, dass ich gerne im Original Text belassen möchte:
„The investors in this round are: Y-Combinator (Heap is part of the Winter 2013 class), SV Angel, Redpoint, Sam Altman, Garry Tan, Alexis Ohanian, Harj Taggar, Ram Shriram, Pejman Nozad, Joshua Reeves, Salesforce, William Morris Endeavor, Netprice, and RTA Capital. It’s a pretty interesting mix of mammoth groups (SV Angel, Salesforce) and individuals, and a mix of investors known mostly for their investments (like Pejman Nozad) and those known for their own startups (like Alexis Ohanian with reddit, and Sam Altman with Loopt). Heap seems to have their bases pretty well covered here.“ Das kommende Jahr wird also noch einige Überraschungen bringen. Change is given – Innovation is the answer.Bildrechte: RADiOSPHERE, ISTOCKPHOTO, CHASMINSTITUTE