Social Media und Politik

Kommerzielle Interessen der Plattformen schützen nicht vor Manipulation. Im Gegenteil.

Heinz D. Schultz, Datenanalyse-Experte bei RADiOSPHERE

Das Internet und Social Media haben alles verändert.

Natürlich auch die Politik. Politiker informieren über ihre Termine auf Twitter, sie betreiben Facebook-Seiten, auf denen sich ihre Anhänger scharen. Ihre Reden sind auf Youtube bis in alle Ewigkeit abrufbar. Politiker müssen heute auf Social Media präsent sein, weil sie Bürger erreichen wollen, die sich ausschließlich auf solchen Plattformen informieren.

Das Internet und Social Media haben deshalb auch professionelle Medien verändert: Traditionsreiche Redaktionen wie die des The Economist @TheEconomist oder der Frankfurter Allgemeinen @faz nutzen unterschiedliche Plattformen, um Leser auf ihre Websites zu ziehen, also für ihren redaktionellen Content zu werben, der natürlich werbefinanziert ist.

Auch die Leser, die Medienkonsumenten, die Wähler – also uns – hat das sogenannte Web2.0 verändert. Weil Social Media Plattformen uns per Algorithmen Inhalte und Links vorschlagen, die wir lesen wollen. Das zumindest suggerieren wir der Empfehlungssoftware durch unser bisheriges Nutzerverhalten. Medienkritiker sprechen von der filter bubble: Wir bewegen uns in den Social Media meist im Kreise des Bekannten. Auf Neues stoßen wir nur, wenn uns unsere Kontakte oder eben ein Empfehlungsprogramm darauf aufmerksam machen.

Was diese Algorithmen, diese Filter nicht können, ist Wahrheit von Unwahrheit, von Vermutungen oder Gerüchten zu trennen. Weil das bisher auch gar nicht im Fokus der Plattformanbieter ist, deren Geschäftsmodell auf Klicks und damit Werbe-Dollars oder Euros beruht.

Deshalb sollte jeder – Privatpersonen, Politiker oder auch Organisation und Unternehmen – sich immer wieder die Interessenlage der Beteiligten an Social Media bewusstmachen: die der Plattformanbieter, die der Nutzer und die der Werbe- oder Marketingtreibenden. Dabei helfen nicht unbedingt die klassischen Analysewerkzeuge. Vielmehr braucht es dafür Erfahrung und Know-how über die Arbeits- und Wirkungsweise von Medien, also auch der Social Media.