Fast sechs Milliarden Euro wurden 2016 in Deutschland in Online-Werbung investiert. Deutlich günstiger sind redaktionelle Berichte von Online-Medien oder direkte Kunden-Feedbacks auf öffentlich zugänglichen Websites oder in den Social Media. Welchen Wert haben solche Online-Erwähnungen? RADiOSPHERE-Geschäftsführerin Susanne Köhler im Interview über den Nutzen von Werbewertanalysen.

 

Frau Köhler, Online-Erwähnungen von Marken und Produkten korrekt messen und in Euro bepreisen. Wie geht das?

Solche Erwähnungen können wir vollautomatisch und kontinuierlich in redaktionell betriebenen Online-Medien, in den Social Media und in den Online-Ausgaben von Tageszeitungen, Magazinen und Radio- und TV-Sendern erfassen.

Wenn Kunden es wünschen, nutzen wir Filter-Optionen, über die wir Online-Shops oder Gutschein-Portale ausschließen können, um den Werbewert von Online-Erwähnungen nicht zu verzerren. Sehr differenziert muss man auch Produktbewertungen, Online-Kleinanzeigen oder Postings von bezahlten Influencern in den Social Media bewerten.

 

Warum sollte man all diesen Online-Erwähnungen einen Wert beimessen?

Oft der wichtigste Grund: Markenunternehmen wollen Werbeausgaben einsparen. Wenn die redaktionelle Präsenz hoch ist, kann das Marketing sein Budget zurückfahren und erreicht trotzdem seine Zielvorgaben. Für das Kommunikations-Controlling ist es dann wichtig, den Online-Erwähnungen einen monetären Wert beizumessen, da die Alternativen zu Werbung – etwa Pressearbeit, ja auch Geld kosten.

Online-Erwähnungen sollten natürlich die vom Marketing gewünschten Botschaften enthalten, zumindest teilweise. Deshalb analysieren wir die gefundenen Erwähnungen manuell auf das darin zum Ausdruck gebrachte Sentiment: Mag ein Kunde eine Marke? Oder würde er sie nicht weiterempfehlen, weil er enttäuscht wurde?

Für die Sentiment-Analyse brauchen wir allerdings viel Fingerspitzengefühl, zum Beispiel bei Erwähnungen in der Polizeiberichterstattung: „Der Täter trug Sneaker von XY“, kann einen Trend auslösen oder auch nicht – etwa, wenn der Täter eine gewisse Prominenz erlangt und eine solche Meldung viral geht.

 

Wie errechnet man nun konkret den Werbewert solcher Online-Erwähnungen?

Positive oder negative Erwähnungen setzen wir in Bezug zur Reichweite der Medien, in denen die Marken erwähnt wurden. Tools wie Talkwalker liefern dazu Daten aus Alexa Pageview, einer Analyse-Tochter von Amazon: zum Beispiel Monthly Unique Visitors – analog etwa zu den IVW-geprüften Leserzahlen von Printmedien.

In den Online-Mediadaten können wir sehen, wie teuer eine zur Erwähnung äuqivalent große Banner- oder Rectangle-Anzeige wäre, meist ausgedrückt in Tausender-Kontakt-Preisen.

Ad Value Calculation

Der Prozess der Werbewertanalyse: Auf die automatische Erfassung der relevanten Beiträge in den Medien (1) folgt der Abgleich mit den Mediadaten (2). Der Werbewert kann anschließend anhand der Reichweite der Medien berechnet werden (3+4).

 

Welchen Markenunternehmen nutzen solche Werbewertanalysen?

Vor allem B2C-Unternehmen mit einem hohen Anteil von E-Commerce: Denn Online-Erwähnungen können der Startpunkt einer Customer Journey bis hin zu einer Conversion, also einem Kaufabschluss sein. Die mit Abstand wichtigste Branche im deutschen E-Commerce ist dabei die Modebranche mit einem Umsatzanteil von über 20 Prozent aller online verkauften Waren.

Susanne Köhler ist Datenanalystin und Geschäftsführerin des Monitoring- und Analyse-Dienstleisters RADiOSPHERE.

Fotos: © Kaspars Grinvalds/fotolia, RADiOSPHERE