Die Medienbeobachtung der 2020er Jahre erfasst alle Mediengattungen: Print, Online, Social, Radio & TV, Audio und Video Podcasts. Unternehmen und Institutionen, die ein Medienmonitoring einsetzen, stellen außerdem zwei Anforderungen: die Analyse von Interaktionen und deren medienübergreifende Einordnung.

Medienmonitoring-Experte Heinz D. Schultz erklärt im Interview, wie und warum sich die Anforderungen an die Medienbeobachtung und -analyse weiterentwickeln.

 

Heinz D. Schultz

Heinz D. Schultz

Business Developer

Heinz D. Schultz ist Betriebswirt mit amerikanischen MBA-Abschluss und hat in Führungspositionen bei verschiedenen europäischen und amerikanischen IT-Dienstleistern gearbeitet. Er gilt als einer der Pioniere der Social Media-Analyse. 2012 übernahm Heinz das Business Development bei Radiosphere. 

Herr Schultz, Reichweite allein zählt in der Kommunikation längst nicht mehr. Was dann?

Kommunikation ist wesentlich komplexer geworden. Damit wird es auch immer anspruchsvoller, die Wirkung und die Effizienz dieser Kommunikation zu messen und einzuordnen. Die Anforderungen an Medienmonitoring steigen.

Fast jeder unserer Kunden beobachtet sein Umfeld und seinen Markt heute crossmedial. Zum Beispiel wollen die PR-Leute wissen, wer Informationen aus Pressemeldungen kommentiert, liked oder teilt. Allein die Reichweite einer Meldung wird dabei weniger wichtig. Vielmehr ist zunehmend die Interaktionsrate das oberste Kriterium für die Erfolgsmessung. Hintergrund ist, dass es heute unzählige Veröffentlichungsplattformen, sprich Mediengattungen gibt, die nicht direkt miteinander vergleichbar sind.

Okay, verstanden. Aber unterschiedliche Mediengattungen sollte man schon irgendwie in Beziehung setzen können, um deren Wirkung zu analysieren, oder?

Genau. Durch das Verlinken von Meldungen auf verschiedenen Plattformen verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Mediengattungen. Eine Viralität für bestimmte Informationen ist oft längst nicht auf allen Kanälen messbar. Deshalb macht es Sinn, einzelne Mediengattungen zunächst isoliert zu analysieren und die damit gewonnenen Kennzahlen zu den Interaktionen anschließend zu einem gesamten Medienecho zusammenzufassen, wie es unser Medienmonitoring-Plattform RS Lynx macht.

Nur so können wir eigentlich wenig aussagekräftige Auflagenzahlen oder Reichweiten miteinander vergleichen und hinsichtlich der Interaktionen gewichten. Nehmen wir zum Beispiel Blogs, die oft nur eine geringe absolute Reichweite haben, als größere Plattformen. Dafür aber werden über Blogs verbreitete Informationen oft viel stärker wahrgenommen und reflektiert. Interaktionen mit Blog-Content können also wertvoller sein, als mit reichweitenstärkeren Kanälen..

Die aktuell dominierenden Zugangskanäle zu Online-Informationen sind oft so eingestellt, dass wir uns die meiste Zeit innerhalb von Filterblasen bewegen. Wie kann man das im Medienmonitoring umgehen und ein realistisches Medienecho erhalten?

Mit hochqualitativen Monitoring-Werkzeugen, die über die Funktionalitäten von Google, bing oder Yahoo hinausgehen. Vielen Kommunikationsverantwortlichen sind sich im Arbeitsalltag nicht bewusst, dass wir uns alle die meiste Zeit innerhalb von selbstgewählten Filterblasen bewegen: Das liegt an den verwendeten Browsern, den Cookies, nicht regelmäßig geleerten Cache-Speichern oder sonstigen Browser- oder App-Einstellungen.

Für ein reelles Medienecho müssen wir die Komfortzone unserer Filterblase verlassen. Schnell mal das eigene Unternehmen und die Konkurrenz googeln, das funktioniert nicht. Wer eine nicht manipulierte Nachrichtenlage braucht, kommt um unabhängige und idealerweise auf einzelne Mediengattungen wie Print, Social oder Broadcast spezialisierte Monitoring-Tools nicht herum. Wenn diese dann noch in einer Oberfläche integriert werden, hätten PR- und Marketingleute auch wieder mehr Zeit für ihren eigentlichen Job, also ihre kommunikativen und kreativen Kernkompetenzen. Der Leitsatz Single Point of Truth aus der Softwareindustrie bekommt damit eine neue Bedeutung.

Bildrechte: Titelbild Kai Dahms